Ben Folds, Columbia, Berlin


Holocaust-MahnmalAm Samstag waren wir zum Konzert von Ben Folds in Berlin.
Wenn man aus der sächsischen Landeshauptstadt in die Bundeshauptstadt reist, ist das so wie wenn ein Landei in die Kreisstadt kommt: Vor Staunen kriegste den Mund nicht zu.
So viel neue Architektur!
So viel Menschen! Und so – äh: multikultig!
So ein Angebot an Restaurants!
Und an Live-Ereignissen!

Botschafts-ZaunWir also am Nachmittag mit fachkundiger Begleitung (Danke, Jörg!) durchs Museums- und Regierungsviertel gelaufen. Mund offen hier, Mund offen da. Der neue Trend, bei nahezu allen Botschaften zu beobachten: Zäune, die im Vorbeifahren undurchsichtig und beim Davorstehen licht sind. Das funktioniert ganz einfach, indem einfach Pfähle, Stelen, Wasauchimmer auf Lücke nebeneinander gestellt werden. Einfach, aber wirkungsvoll. Bei der österreichischen Botschaft habe ich es fotografiert, weil die das schönste Klingelschild von allen hatten: Fünf Klingeln, von oben nach unten „Botschaft“, „Kulturforum“, „Handelsabteilung“, „Verteidigungsattaché“, „Portier“. Nette Auswahl!
Dem Deutschen Volks SchlangeOb man die Architektur schön finden muss, will ich nicht erörtern – Geschmack ist ja individuell. Interessant und abwechslungsreich ist es allemal, inklusive der Bauten im Regierungsviertel am Spreebogen. Der Reichstag steht immer noch als Anziehungspunkt da: Lange Schlangen vor dem Gebäude, um einmal die Kuppel zu durchschreiten. „Dem Deutschen Volk“ steht also brav in Reih und Glied an und erklimmt geduldig die Treppen zum Einlass…
Akademie der KünsteGleich um die Ecke rechts neben dem noblen Adlon die gerade im Mai wieder eröffnete Akademie der Künste. Eine der letzten Baulücken des Pariser Platzes ist mit dem 56 Millionen Euro teueren Neubau, der nach Entwürfen des Architekten und Akademie-Mitglieds Günter Behnisch entstand, geschlosssen. Wir heben uns den ausführlichen Besuch für Berlin bei Regen auf, weswegen wir die Halle nur durchlaufen.
StelenfeldHinten raus – und schon stehen wir vor dem von Peter Eisenman entworfenen Stelenfeld: Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas verkommt gerade zum Happeningfeld, mit knutschenden Paaren, Fang-mich-im-Labyrinth und hüpfenden Kindern. Ob so die Auseinandersetzung mit den Gräueltaten der Nazis stattfindet?
Mai ThaiWie gut, wenn man Berliner Begleitung dabei hat! Da findet man auch Restaurants, die man sonst nicht einmal gesucht hätte! Der Mai Thai Imbiss in Kreuzberg ist so eins (Zossener Str. 13, 10961 Berlin). Selbstbedienung! Warm drin (und zu kalt draußen)! Aber: Allerfeinste Qualität und sehr kulante Preise. Jörg, der Platzhirsch, empfahl: „Erst die Vorspeise bestellen und essen, dann das Hauptgericht. Kommt sonst zusammen!“ und „Kokosmilch sollte drin sein, dann schmeckt’s immer!“ Schön scharf, nahezu alles – und supernette „Bedienung“ (also eigentlich: Köche/Köchinnen).
Verdauungsspaziergang zur Columbia-Halle, in der Ben Folds auftritt. Eine scheußliche Halle mit gräulicher Akustik! Hier zahlen wir für ein Bier mehr als für ein Essen im Thai, scharfe Sache das! Ben Folds hämmert mit Begeisterung in die Tasten, beleitet wird er von Schlagzeug und Bassgitarre. Wer ihn nicht kennt: Ben Folds live @ Enmore – komplettes Konzert mit teils nicht so netter Qualität (der Aufnehmende quatscht rein!), aber besser als nix.
Heute: Ben FoldsBen Folds in Berlin: eine gute Show (knapp zwei Stunden), wenn man vom Sound absieht. Und einige nette Beobachtungen am Rande. Zum Beispiel der coole Typ rechts vor uns, der eine viel zu hektisch tanzende Freundin hatte und selbst sauber im Takt mitmachte. Uns gefiel die Watte in den Ohren gut, die den Sound sicher noch dumpfer machte. Chic auch die Security, vor allem der eine Typ im Bühnenbereich, den ich lange für eine ausgestopfte Warn-Attrappe gehalten hatte, weil er mit seinen Springerstiefelchen und den verschränkten Armen regungslos unter der berufsbedingten Frisur (vulgo: Glatze) düster drein schaute. Doch irgendwann kam Leben in ihn, er bewegte sich zu seiner (Armee-Tarn-)Jacke und zündete sich ein Flüppchen an. Danach nahm er wieder Pose drei ein und gab die Warn-Attrappe …

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