27.09.02

Kleine Fingerübung.

Kurt Tucholsky und seine Pseudonyme Ignaz Worbel, Peter Panter, Theobald Tiger und Kaspar Hauser haben vor achtzig Jahren geahnt, was auf uns zukommt. Passend zum unten stehenden Beitrag über die Außerirdischen heute Gedanken zum Thema "injeladen - nich uffgefordert":
Kleine Fingerübung
von Theobald Tiger

Wenn früher ein Kind, als Kadett verkleidet,
zu seinem Herrn Onkel zu Mittag fuhr,
dann wurde er von Kameraden beneidet
wegen der tahllosen Tour.
Er pfropfte sich voll. Unbeschadet der Ehre.
Denn fragte man ihn, so sagt er, er wäre
injeladen - nich uffgefordert.

In Thüringen fliegt sofort in den Kahn,
wer die Roßäpfel von der Reichswehr nicht grüßt.
So mancher Arbeiter hat, wie wir sahn,
die Treue zu Weimar mit Kittchen gebüßt.
Nur die Jungens in München mit dem Prälat
Ludendorf sind wegen Hochverrat
injeladen - nich uffgefordert.

Keiner kann Keinem hier böse mehr sein.
Zur Bestechung genügt ein Zigarrchen schon.
Mirjam, mein Leben, mein Kind, schlaf ein -
man nennt das bei uns nicht mehr Korruption.
Die Großindustrie hat Chefredakteure,
Sozis und Ministerialsekretöre
injeladen - nich uffgefordert.

Wenn ich sie mir so Alle beseh:
die unbeirrbar braven Genossen,
meinen Landesvater, die S.P.D.,
auf ihren lahmgeprügelten Zossen -
Ich will mir auch mal was Gutes gönnen:
Sie glauben gar nicht, was die mir können...
injeladen - nich uffgefordert!
(Weltbühne, Jg. 20, 1924, Nr. 12, S.362)

Posted by Ulrich at 27.09.02 12:18 | TrackBack
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Ja bitte?!









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